Herbstferien.
Noch einmal Sonne tanken. Am Sommer festklammern; sich mit «kalt» und «Herbstgarderobe» nicht abfinden. Noch nicht. Daher: ab in die Toskana, ab ans Mittelmeer. Ein letztes Mal die ollen Birkenstocks anziehen bevor sie endgültig verstaut werden. In der Sonne liegen, das Meer rauschen hören, baden. Den Duft vom nahen Pinienwald einsaugen. Die letzten wirklich reifen Tomaten mit ordentlich Olivenöl und einem Berg von Stracciatella geniessen. Ach Toskana, wie schön du bist. Toskana heisst aber auch: Sangiovese. Wir lieben Sangiovese. Die Vielfältigkeit dieser Rebsorte, wie sie Terroir und Handwerk widerspiegelt. Das wurde uns letzte Woche wieder einmal so richtig vor Augen wie Gaumen geführt, da wir zwei völlig unterschiedliche Terroirs besuchen durften. Zwei Weinbauern deren Sangiovese unterschiedlicher nicht sein könnten. Etwas, was wir extrem schön und unser Sortiment bereichernd empfinden. Bei den Besuchen haben wir natürlich möglichst viele Eindrücke festgehalten um euch dahin mitzunehmen und daran teilhaben zu lassen. Viel Spass also beim Stöbern durch die Bilder und unsere Eindrücke. Wir sind extrem stolz und froh mit solch schönen Betrieben zusammenarbeiten zu dürfen und euch die Schönheit der Toskana auf eine so leckere Art und Weise in Flaschen verpackt anbieten zu können!
Campi Nuovi
Beim letzten Besuch kamen wir von Norden & waren oben auf Campi Nuovi total begeistert, dass wir in der Ferne das Meer und sogar die «Isola Montechristo» sehen konnten. Dieses Mal kamen wir vom Meer, juchuu, fuhren durch Grosseto, die nächstgelegene grössere Stadt und dann sanft bergaufwärts Richtung Monte Amiata, über die kurvenreiche SP7 und letztlich eine Schotterpiste hoch zum Weingut.
Auf 350-465m gelegenen gehört das auf «jungfräulichen Böden» im Jahre 2000 gegründete Weingut zu den Höchsten der Montecucco DOCG. Diese Höhenlage ist für die Stilistik extrem wichtig, denn die zum Tal und zum Meer hin offene Lage bedeutet «Frische». Meereswinde blasen tagsüber ins Landesinnere, vom Berg her kommende Talwinde umschmeicheln die Reben über Nacht. Am Fusse des Monte Amiata zu liegen bedeutet auch: Wasser. Die unterirdischen Wasserflüsse sind für das Auge nicht zu sehen, die langen Wurzeln der Reben erreichen diese aber und können sich so auch in trockenen Jahren noch lange gut versorgen.
Im Keller setzt Daniele auf Tradition im besten Sinne. Als ehemaliger Önologe des Chianti Classico Consortios hat er jahrelang Betriebe kontrolliert und sich mit allen mögliche Produktionsmethoden auseinandergesetzt. Für sich selbst verzichtet er auf jegliche Zusatzstoffe, vergärt und baut in riesigen, traditionellen toskanischen Holztanks aus («Sangiovese should never be in barriques») und stabilisiert mit einer kleinen Menge So2. Pur, klar und voller Vibration soll sein Sangiovese sein. Blos nicht überextrahieren, blos nicht zuviel Tannin oder Farbe entwickeln. Das besondere Terroir des Monte Amiata widerspiegeln, die Komplexität der vielen vorliegenden Bodensorten einfangen und in die Flasche bringen. Behutsam wird daher auch in den Weingärten gearbeitet. Biodynamisch im Sinne der «Renaissance des Appellations«.
Die Verkostung des 2019er Sangiovese und des 2016er «Riserva» war dann auch ein richtiger Paukenschlag. Liegt es am guten Wetter, an der fortschreitenden Komplexität der nun halbwegs «erwachsenen» Reben? Wahrscheinlich an beiden Faktoren, aber fest steht: mit Campi Nuovi haben wir schon vor Jahren eine Perle entdeckt, die nach unserer Einschätzung in den kommenden Jahren stetig bekannter und damit rarer werden wird.
P.S. Ein Indiz dafür, dass Campi Nuovi`s Fangemeinde bereits am Wachsen ist: der beliebte Einsteiger «Rosso» wird nichtmehr produziert. Daniele ist es «leid» sich selbst zu konkurrenzieren, wie er sagt.
Der Rosso, ein Blend seines Sangiovese mit etwas Cabernet und Merlot, ausgebaut im Barrique war wohl einfach zu «günstig».
Wir haben noch ein paar Kisten. Und lassen den Preis da wo er ist. Damit ihr ohne grosse Hürde in die Welt von Campi Nuovi eintauchen könnt!
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Campi Nuovi, Ansonica, IGT Toskana 2018CHF 19,90 inkl. MwST.
Fattoria di bacchereto
Unser zweiter Besuch: die bei Florenz gelegene «Fattoria di Bacchereto» von Rossella Bencini Tesi.
Das Weingut
Ein Ort der Geschichte atmen lässt. Einst Teil des Jagdreviers «derer von» Medici überblickt dieses idyllisch gelegene Landgut die Ebene vor Florenz! Man überschaut fast die gesamte «Carmignano» Appellation, die zu den ältesten der Welt gehört. In der «Bando» von 1716 wurden damals, ca. 100 Jahre vor den ersten französischen Appellationen, bindende Richtlinien für die Produktion von Wein festgelegt. Ein Akt, der von den damaligen Fürsten und Bankiers sicher nicht ohne Eigeninteresse durchgeführt wurde. Und ist es nicht ein schöner Gedanke – dass die Weine von Rossella, durch Ihren Verzicht auf moderne Kellertechnik und Zusatzstoffe dem ähneln, was wohl auch schon die Medici genossen und geschützt hatten?
Die neun verstreut um die Fattoria gelegenen Weingärten, zusammen lediglich 8 Hektar, werden biodynamisch gepflegt und gehegt. Sangiovese ist Hauptrebsorte, aber auch etwas Cabernet Sauvignon und Merlot sowie die weissen Rebsorten Trebbiano Toscano und Malvasia del Chianti finden sich. Daneben: uralte, teilweise über 100 jährige Olivenbäume. Leicht scharf bzw. rassig, grasig und äusserst aromatisch ist es, dieses grüne Gold der Toskana. Wir bestellen jedes Jahr eine kleine Menge davon, nicht zu letzt weil wir es selbst gerne geniessen (Pro Tipp: Tonflasche von Werlitsch bestellen, leertrinken, danach als Olivenöl Flasche weiterverwenden).
Im Keller
Ist man durch die altehrwürdigen Räume, den eigenen «Vin Santo» Keller und weitere Treppen zum eigentlichen Weinkeller vorgedrungen, wird man von dickwandigen, rot umrandeten Zementtanks begrüsst. Bei unserem Besuch gärte es noch darin, die Ernte war gerade erst abgeschlossen. Rossella legte eine Hand auf einen dieser Tanks um zu Prüfen ob eine Wärementwicklung festzustellen ist. Kühlelemente? Klimatisierte Tanks? Klimaanlage? Nichts dergleichen – wie gesagt, hier werden Weine fast wie zu Zeiten der Medici in die Flasche gebracht. Der Keller ist auf natürliche Weise kühl, die dickwandigen Tanks sorgen auf natürliche Art für gewünschte Gärtemperaturen.
Zum Ausbau verwendet Rossella gebrauchte Barriques, in denen die Weine nochmals 12-18Mon reifen dürfen, bevor sie nach weiteren 6-12 Monaten Flaschenreife für den Verkauf freigegeben werden. «3 years is the minimum» sagt Rossella in Bezug auf den gesamten Ausbau. Und weiter «what is 18 years for a boy, is 5 years for Sangiovese wines».
Im Glas
Nach der Kellertour dann endlich in die Degustierstube.
Ein schön gedeckter Tisch, knusprige Crissini gleich neben einem Kamin aus dem 17ten Jahrhundert. Zunächst «Sassocarlo», ein Weisswein aus 80% Trebbiano Toscano und 20% Malvasia del Chianti». Verführerisch goldene Farbe, mundfüllende Struktur dank Maischestandzeit, ein Feuerwerk an getrockneten Aprikosen, Mirabellen oder gar Birnen, etwas reifer, süsser Apfel, etwas Vanille. Ein Gegenpol zu den frischen Weissweinen der Pfalz oder dem nördlichen Burgund – aber ein sehr leckerer, völlig ausbalancierter Gegenpol. Rossella vergleicht den Wein mit weiteren berühmten Trebbianos und erklärt, dass die Rebsorte Trebbiano eine starke, prägnante Persönlichkeit besitzt.
Während Sangiovese extrem einfühlsam und sensitiv auf alle Terroir-Faktoren ist, setzt sich bei Trebbiano die Rebsorte stets stärker durch. Sassocarlo ähnelt daher sogar sizilianischen Trebbianos deutlich mehr als ihr Sangiovese einem Sangiovese aus dem benachbarten Chiantigebiet. Als nächstes dann also Sangiovese und wir beginnen mit dem aktuellen Jahrgang des beliebten aber viel zu raren «Rosso». Ein Wein der eigentlich als Hauswein gedacht war, von dem wir uns aber dank guter und langjähriger Beziehung nun auch eine kleine Charge sichern konnten. Gekeltert aus dem gleichen Traubenmaterial (nix zugekauft!) handelt es sich hierbei vorwiegend um Fässer die nicht dem gewünschten und angestrebten Carmignano Stil entsprechen, die etwas forscher daherkommen oder zu wenig bzw. zuviel Tannin mitbringen. Dem Vorgänger Jahrgang extrem ähnlich, lässt er bereits erahnen welche Eleganz und Kraft uns beim Carmignano erwarten wird. Seine noch jungen Gerbstoffe machen den Wein zu einem tollen Begleiter kräftiger und währschafter Speisen, seine feine Aromatik rund um schwarze Beeren, Kirschen, Waldboden und Zedernholz lassen Liebhaber kräftiger Rotweine aber auch schon zum Apéro beherzt zugreifen. Carmignano 2019 dann, womöglich nochmals ein kleines Mü eleganter als 2018. Wir dachten beim 2018er bereits «bester Jahrgang», 2019 kann locker mithalten. Das prägende dieses Sangiovese Stils: obwohl immernoch aus Höhenlagen (300m) stammend und immer noch grossen Tag/Nacht Unterschieden ausgesetzt, so liegen die Weinberge doch etwas niedriger als die zwar südlicher aber auch höher gelegenen Weinberge von Daniele/CampiNuovi oder die des benachbarten Chiantis. Das begünstigt reifere, weichere Tannine, auch bei mehr Extraktion. Rossella sagt grinsend «während Chianti etwas eher seriöses ist, lächelt unser Sangiovese. Er lächelt!»
Dem möchten wir uns uneingeschränkt anschliessen: Die Weine von Rossella und ihrer Fattoria di Bacchereto lächeln. Alle!
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Terre a Mano – Vin Santo di Carmignano – 2010CHF 49,00 inkl. MwST.
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Terre a Mano, Olio Extra Vergine di Oliva, 0.5lCHF 19,90 inkl. MwST.
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Terre a Mano, Sassocarlo, 2019, Toskana IGTCHF 34,90 inkl. MwST.