Hallo Andreas , lass uns das Eis doch mit einer etwas ungewöhnlichen Frage brechen. Im Haus lieben wir Musik. Feiern, Geniessen. Also erzähl: Welche Musik, welche Situation – wie sieht für dich ein perfekter Moment mit eurem Wein aus?
Andreas Schumann: Meine Jugend war durch Punkrock und Ska geprägt. Diesen Stilen bin ich immer noch sehr verbunden. Durch meine Kinder höre ich heute zunehmend auch Rap. Um ein gutes Glas Wein zu trinken, brauche ich die Musik nicht zwangsläufig, eher ein gutes Essen 😉
Die gute alte “einsame Insel” – bei uns selbstverständlich ausgestattet mit Weinkühlschrank unter der Palme. Welche 3 Flaschen müssen einfach da drinnen sein ?
Andreas Schumann: Ein Chenin Blanc von Richard Leroy, ein Ex Vero 2 von Ewald Tscheppe & eine Magnum Riesling brut nature von uns
Kein grosser Wein ohne leckere, aromatische Trauben. Da sind sich eigentlich alle einig. Was ist euch in diesem Zusammenhang besonders wichtig? Worauf legt ihr im Weingarten besonders viel Wert?
Andreas Schumann: Banlance, Balance, Balance, … durch ein vernünftiges, minimalistisches Bodenmanagement die Eingriffe ins Wachstum während der Vegetation auf einen Minimum beschränken … z.B. kein Laubschnitt, dafür die Triebe an den oberen Drähten entlang wickeln. Dadurch entstehen weniger Geiztriebe und man kann auf das Entfernen der basalen Blätter verzichten, was auch wieder ein großer Eingriff wäre …
Die wenigsten Winzer reden transparent darüber, was im Keller genau passiert. Welche Zusatzstoffe verwendet werden etc. Wir wolln es aber wissen! Also, raus mit der Sprache: Was passiert ? Welche Zusatzstoffe bzw. “Tricks” sind am weitesten verbreitet?
Andreas Schumann: Von Tricks würde ich in dem Zusammenhang eigentlich nicht sprechen. Aber prinzipiell wird gemacht, was erlaubt ist. Am weitesten verbreitet ist sicher Säuerung/ Entsäuerung, Chaptalisierung, Einsatz von Enzymen und Reinzuchthefen, Bentonit, Aktivkohle und Nanofiltration. Schwefelige Säure obligatorisch.Wir arbeiten bis wenige Wochen vor der Füllung ohne jegliche Zusatzstoffe oder Hilfsmittel. Es gibt eine Filtration, nur mit Zellulose, eine leichte Schwefelung und während des Füllvorgangs noch eine Zweite Filtration, ebenfalls nur mit Zellulose. Die >nature<- bzw. [Nakt]-Weine werden völlig ohne Schwefel und Filtration gefüllt.
Läuft etwas schief in der modernen, teils ja vollständig industrialisierten Weinproduktion? Worüber ärgert ihr euch am Meisten ?
Andreas Schumann: Welche Zusatzstoffe jemand in seinen Wein kippt, interessiert mich eigentlich wenig … ich muss ihn ja nicht trinken. Aber der landwirtschaftliche Teil ist von größerer Relevanz. Der Einsatz von Insektiziden zerstört die Artenvielfalt, ebenso der Einsatz von Herbiziden und die vorherrschende Monokultur. Durch den Einsatz von mineralischen Stickstoffdüngern verarmen die Böden an Humus und das Trinkwasser wird verseucht. Das sind alles echte gesellschaftliche Probleme …
Zurück zu euren Flaschen. Was charakterisiert eure Weine? Was macht den typischen Odinstal Stil aus ?
Andreas Schumann: Die Weine sind sehr schön balanciert, haben keine aufdringliche Säure. Am Gaumen viel Salz und eine gute Gerbstoffstruktur. In Relation zum Alkoholgehalt haben sie enorm viel Mundfülle.
Wonach strebst du, oder genauer: wann bist du mit einem Wein zufrieden, wann bist du stolz ?
Andreas Schumann: Wir streben nach Authentizität. Die Weine sollen Herkunft und Jahrgang wiederspiegeln. Wenn sie das tun, bin ich zufrieden. Stolz entsteht natürlich immer aus einer Kombination aus eigener Zufriedenheit und Anerkennung von außen.
Was ist “Grosser Wein”?
Andreas Schumann: Schwere Frage … für mich benötigt ein großer Wein Anmut, Präzision, Substanz (nicht zu verwechseln mit hohem Alkohol) und ein gewisses Lagerpotential (das müssen keine Jahrzehnte sein).
Kommen wir zu einem “Horrorszenario”: ein Kunde darf nur eine einzige Flasche aus unserem Odinstal Sortiment verkosten. Welche sollte er einpacken & was dazu essen ?
Andreas Schumann: 2016 Silvaner >nature< mit Austern, das ist die sicherste Kombination … oder Riesling BUNTSANDSTEIN mit Jacobsmuschel.
Zum Schluss lass uns ein Genusswochenende planen. Haste nen Tipp? Wohin solls gehen? Wo Essen ? Wo Schlafen? Kann man da vielleicht eure Weine geniessen?
Andreas Schumann: Ihr kommt in die Pfalz. Wo Ihr schlaft, ist nicht so wichtig, da Ihr dort nur wenig Zeit verbringt … Am besten, Ihr nutzt ein verlängertes Wochenende, wo der Donnerstag schon Feiertag ist. Ihr geht zum Abendessen in die Eselsburg Mußbach, in den Admiral in Weisenheim am Berg, zum Gourmet-Dinner ins L.A. Jordan in Deidesheim und Sonntagnachmittag zum Abschluss ins Hofgut Ruppertsberg. Mittagstisch im Atable Ludwigshafen, Freinsheimer Hof und Karlbacher. Dazwischen genug Verdauungsspaziergänge in den Weinbergen einplanen. Für Euren nächsten Besuch fallen mir sicher noch weitere Restaurants ein …